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AMARVANI

Kapitel 3

GEISTIGE ÜBUNGEN



3.1 Gehe vorwärts
3.2 Glaube
3.3 Hingabe
3.4 Weisheit
3.5 Losgelöstsein
3.6 Gefühle
3.7 Selbstreinigung
3.8 Innere Vision


3.1 GEHE VORWÄRTS

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Gehe vorwärts

Ich weiß nicht, wie viele Götter und Göttinnen ich bis jetzt schon besänftigt habe, wie viele Ziegel und Steine ich angebetet habe und in wie vielen Flüssen, wie dem Ganges, und Seen ich gebadet habe! Aber was habe ich dadurch gewonnen? Nicht eine einzige Fessel der Seele brach, keine einzige Sorge wich, und kein einziger Flecken verschwand aus meinem Geist. Warum wanderst du ergebnislos umher? Achte mehr auf die inneren Anschauungen in deiner Seele. Gehe tapfer auf dem Pfad der Wahrheit vorwärts. Stolpere nicht, falle nicht und sieh nicht zurück. Es ist dein unveräußerliches Recht, das Höchste Brahman zu erreichen. Es gibt keine Macht auf dieser Welt, die dieses geheiligte Recht wegnehmen kann.

Der geistige Pfad

Oh Suchender! Siehe zu, das du den geistigen Pfad nichtauf der Mitte des Weges verlässt. Den Erfolg findest du nicht hier und da in den Nebenstraßen. Das ist eine Probe für den Geist. Sein Weg ist, zu sterben und wiedergeboren zu werden. Siehst du denn nicht, dass du mit der Dunkelheit kämpfen musst, bis du das Licht der Morgendämmerung erreicht hast?

Wer ist ein geistig Suchender?

Der geistige Pfad, den ein Suchender gehen muss, ist nicht der königliche Weg, der mit duftenden Blumen geschmückt ist. Es ist vielmehr ein sehr schwieriger Weg, mit Dornen und spitzen Steinen übersät, die die Füße bluten lassen. Auf diesem Weg gibt es eine Kette von Unglücken, eins schrecklicher als das andere, die selbst den hartgesottensten Menschen erschrecken. Bevor du dich auf diesen Weg wagst, musst du – in den Worten Kabirs – deinen Kopf unter dem Arm tragen. Ein Suchender ist jemand, der die Dornen unter seinen Füßen zertritt, der die über den Ozean wehenden Stürme beherrscht und der auf die höchsten Berge geht. Die Katastrophe ist seine Freundin, das Vergnügen sein Feind.

Geistige Übungen

Der Meditierende, der Gegenstand der Meditation und die Meditation selbst sind das Dreigespann der geistigen Übung. Der Meditierende ist der Anhänger, der Gegenstand der Meditation ist Gott, und Meditation ist Hingabe. Wenn der Meditierende lange über den Gegenstand der Meditation meditiert, nimmt er dessen Gestalt an und verwandelt sich in ihn. Er löst sich durch das Abschütteln der Fesseln der Versuchung und Illusion in ihm auf und ist dann in der Lage, den Erfolg seiner geistigen Übung zu genießen. Die Morgenröte der Erkenntnis, dass die Seele und der Höchste Gott eins sind, ist die wahre Meditation, die wahre Hingabe. Aus der Seele zum Höchsten Gott zu werden, aus der Verehrung Gott zu werden, bedeutet die Erlangung der Gestalt Gottes. Je mehr man mit dem Gegenstand der Meditation verschmilzt, je größer ist die Einheit mit diesem Gegenstand. Bevor der Suchende die Erfahrung dieser Einheit nicht genossen hat, kann man nicht sagen, dass er erfolgreich gewesen sei.

Todesfurcht

Oh Suchender! Fürchtest du den Tod? Ist das so eine Furcht erregende Sache? Guter Mann! Das ist ein Fehler, und der beunruhigt dich. Tod ist nur Verwandlung. Nur ein sündiger Mensch, der nichts Rechtes tut, in dem das göttliche Licht der Menschlichkeit ausgelöscht ist und vor dessen Augen nur das Dunkel von Ungerechtigkeit und Grausamkeit liegt, wird diese Verwandlung fürchten. Auf der anderen Seite wird derjenige, der sich auf dem Weg der Entwicklung befindet und seinen Geist dem Fortschritt öffnet, vom Schicksal mit offenen Armen empfangen. Falls du deine mit heiligem Ehrgeiz beseelten Pläne nicht in diesem Leben vollenden kannst, wird es im nächsten Leben geschehen. Das Licht deiner geistigen Übungen leuchtet über mehrere Lebenszeiten.

Als es mit dem bekannten Gelehrten Aryasamaji Pundit Gurudutt aus Punjab zu Ende ging, auf der Schwelle zu seinem Tod, fragten ihn die Leute: „Warum sehen Sie in diesen Minuten so fröhlich aus?“ Er antwortete lächelnd: „Ich konnte in diesem Leben nicht Dayanand werden; ich bekomme bei der nächsten Geburt einen besseren Körper und werde Dayanand.“ Die Leute waren durch seine Antwort sehr verblüfft.

Ähnliche Gefühle hatte Jainacharya, als er eines Tages sagte: “Der Tod ist ein Fest.” Mahadevi Verma murmelte auch im selben mystischen Ton: „Nimm das Boot über den Fluss. Du wirst ertrinken und am anderen Ufer ankommen.“

Erscheint dir der Tod als Feind und nicht als Freund? Wenn er in deinen Augen ein Feind ist, mach dich auf, ihn zu bekämpfen und zu besiegen. Warum hast du Angst? Denkst du, er lässt einen ängstlichen Menschen davonkommen? Niemals! Angst befreit niemals.


3.2 GLAUBE

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Glaube

Nenne es Glaube oder Hingabe – es ist dasselbe. Der Glaube ist die Lebenskraft des Suchenden für die geistige Übung. Ohne Glaube gleicht die geistige Übung einem Leichnam.

Was ist der Unterschied zwischen Shiva (Reinheit) und Shava (Leichnam)? Nur die Buchstaben „i“ und „a“. Wo Glaube und Hingabe ist, da ist Reinheit und Gott, und wo sie fehlen, ist die Seele nur ein Leichnam.

Werde zunächst glaubwürdig

Du bist eine lebende Seele, nicht ein Ziegel oder ein Stein. Was du auch sein magst, du musst dafür zunächst glaubwürdig und fähig sein. Eine Blume blüht erst, wenn sie bereit ist, ihren Duft zu verströmen; dann kommen Schwärme von Bienen und singen ihr Lob.

Vertrauen

Vertrauen ist die größte Kraft im menschlichen Leben. Die Kraft des Vertrauens ermöglicht dem Menschen, über Schwierigkeiten hinwegzukommen und das Ziel zu erreichen. Ein sehr zuversichtlicher Mensch verliert nie, ermüdet nie, versagt nie und stirbt nie. Vertrauen ist eine zeitlose Medizin. Vertrauen ist Leben, während das Fehlen von Vertrauen den Tod bedeutet. Wer kein Vertrauen zu sich selbst, zu seinem Volk und zu den hohen Idealen des Lebens hat, ist nicht Wert, dass ihm jemand vertraut oder dass er der Gefährte eines anderen ist.

Hingabe

Die Seelen normaler Leute brauchen nur einmal die Wahrheit wahrgenommen haben, und sie werden sich ihr für immer weihen. Lasse den Körper verfallen und das Leben vergehen – sie werden nicht wagen, von der Wahrheit abzuweichen. Für diejenigen, die dauernd vergessen haben, von ihren Prinzipien abzuweichen, gibt es das Wort „Abweichler“ in ihrem Wortschatz nicht.

Selbstvertrauen

Selbstvertrauen bedeutet Vertrauen in Gott. Ein Mensch, dem Selbstvertrauen fehlt, ist schwach, ein Feigling, und findet nirgends eine Zuflucht. Selbst die unzähligen Gottheiten des Himmels können einem geistig schwachen Menschen nicht helfen, auf seinen Füßen zu stehen.

Unser Wert

Die Sonne scheint für alle gleichermaßen, unparteilich und ohne Einschränkungen. Ein Spiegel empfängt das Licht von der Sonne und kann nur ihr Bild erzeugen, sonst nichts. Aber der Edelstein Suryakant empfängt das Sonnenlicht und kann andere Gegenstände damit verbrennen. Für diesen Unterschied kann man nicht die Sonne verantwortlich machen, er kommt durch den Wert der das Licht empfangenden Gegenstände. Wer keinen Glauben oder Liebe im Herzen hat, gleicht einem Spiegel.  Ihm nützt die Gesellschaft großer Menschen nicht, während diejenigen, die Glaube, Liebe und Hingabe besitzen, ähnlich dem Edelsten Suryakant deren Licht sammeln.

Das Ziel fixieren

Oh Mensch! Lege dein Ziel fest, bevor du etwas tust. Du bist nichts und tust nichts, bevor du auf folgende Fragen eine definitive Antwort geben kannst: „Wo will ich hin und wo will ich nicht hin? Was will ich tun und was will ich nicht? Was will ich werden und was will ich nicht werden?“ Wenn ein Maler einen Pinsel in die Hand nimmt, um ein schönes Bild zu malen, stellt er sich in seinem Geist vor, wie er das Bild gestalten will. Wenn ein Bildhauer Hammer und Meißel nimmt, um am Stein zu arbeiten, hat er sich in seinem Geist schon ein Bild von der Skulptur gemacht, die er erstellen möchte. Selbst der einfache Dorftöpfer entscheidet vorher in seinem Geist, welche Topfform er dem Lehmklumpen geben will. Leben ist auch eine Kunst, und es wird immer von dir erwartet, zu wissen, welche Form du ihm geben willst. Schieße den Pfeil erst ab, wenn du das Ziel fixiert hast. Schießt du den Pfeil ziellos ab, wirst du nichts treffen und kein guter Schütze werden.

Glaube und Logik

Der Suchende muss eine klare Linie zwischen Glaube und Logik ziehen. Wo Glaube ohne Logik ist, wird man in den dunklen Brunnen der Unwissenheit gestoßen, während einen die Logik ohne Glauben in der Wüste der ziellosen Zweifel umherirren lässt. Die Grenzen des Glaubens müssen daher auf Logik basieren und die Grenzen der Logik auf dem Glauben.

Fehlendes Vertrauen

Wenn selbst ein Bauer zur Zeit der Aussaat etwas Glaube und Zuversicht für eine lohnenswerte Zukunft haben muss, ist es dann abwegig, etwas Glauben an den Weg des Dharma zu haben, den richtigen Lebensweg? Es ist ein Unglück, dass der an und für sich glaubenslose Mensch von heute alle weltlichen Dinge mit Hilfe des Glaubens erledigt, mit Zuversicht in die Zukunft vorwärts kommt, aber beim Weg des Dharma, beim Weg, das Leben zu verbessern, alles heute, gleich, in diesem Moment haben möchte. Welch ein Wunsch nach den Früchten des Dharma! Das bedeutet einen schrecklichen Mangel an Vertrauen in die Göttliche Kraft, das für die Religion sehr wichtig ist.

Mangel an Glaube

Ein Mangel an Glaube ist Sünde, Falschheit ist der Grundstein von Glaubenslosigkeit. Und wie kann es ein Dharma geben, wo Falschheit herrscht? Der Geist eines ungläubigen misstrauischen Menschen gleicht einem dunklen Brunnen, wo Schlangen, Skorpione und Gott weiß was für giftige Insekten brüten. Ein misstrauischen Geist ist ein tödliches Gift, wovor man sich schützen muss.

Ideal und praktisch

Der ideale Mensch steigt mit fester Entschlossenheit in die Tiefen des Lebens. Ihn kann weder der heiße Hauch der Sorgen ausdörren, noch entrückt ihn die kühlende Brise des Glücks. Ein idealer Mensch bewegt sich jenseits der Grenzen von Angst und Verführung. Ein wirklich idealer Heiliger kann selbst bei den schrecklichsten Stürmen nicht vom idealen Weg abweichen.


3.3 HINGABE

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Anbetung der inneren Gottheit

Oh Mensch! Du hast auch in dir eine Gottheit, in deren Tempel seit Menschengedenken kein Gottesdienst stattgefunden hat.

Dort hat weder jemals eine Glocke geläutet noch wurde ein Horn geblasen. Es herrscht vielmehr eine schreckliche, beängstigende Stille.

Sieh! Der Tempel wurde noch nicht einmal gefegt. Was für ein Schmutz! Die arme Gottheit ist unter einer dicken Staubschicht begraben. Fege wenigstens einmal, damit die Gottheit sichtbar wird.

Und welche Dunkelheit! Die verhindert sogar das Denken. Warum zündest du nur außen eine Lampe an? Mache das innen auch.

Welcher Geruch! Wo ist hier ein Duft? Es gibt nur einen schrecklichen schlechten Geruch. Welch ein Schmutz in einem Tempel! Auf dem Altar sieht man keine einzige Blume.

Ja! Schmücke diese innere Gottheit in deinem Herzen mit Sandelpaste und Blumenkränzen.

Dieser innere Gottesdienst ist in Wirklichkeit ein Dienst an Gott. Die Anbetung äußerer Gottheiten ist eine Falle der Selbsttäuschung. Fallen sind zum Festbinden und nicht für die Befeiung gedacht.

Gott und die Anhänger

Je näher man zum Feuer kommt, um so heller wird es. Man kann die Wahl des verträglichsten Abstandes als Vorliebe oder Geschmacksache bezeichnen. Der Begegnungspunkt zwischen Gott und einem Menschen hat diese Eigenschaft. Hier ist die Frage der Fähigkeit oder Unfähigkeit nicht so bedeutend wie die Nähe der Begegnung.

Wahrer Gottesdienst

Der Gottesdienst besteht nicht aus dem Opfern von Blumen und Früchten oder dem Anzünden von Lampen. Der wahre und höchste Dienst an Gott durch einen Menschen besteht daraus, sich gemäß göttlicher Ideale und guter und wohltätiger Gedanken zu verhalten und das Leben von Gott leiten zu lassen.

Der Pfad des Handelns und der Pfad der Hingabe

Wir handeln und nur wir erfreuen uns an den Früchten des Handelns oder leiden darunter. Das ist das Prinzip des Handelns (Karma) in der Jaina-Religion.

Gott handelt und nur Gott wird dadurch erfreut oder leidet drunter. Das ist das Prinzip der Hingabe in der Vaishnava-Religion.

Die Probleme in unserem Leben können mit beiden Prinzipien gemeistert werden, wenn man sie ehrlich anwendet. Überwindung der Nicht-Dualität ist das Wesentliche im Leben, und dieses Wesentliche kann aus beiden Prinzipien gewonnen werden.

Das Geheimnis der Hingabe

Hingabe bedeutet nicht Dienerei oder Sklaverei. Sie bedeutet die Erfahrung der Einheit mit und der Untrennbarkeit von der Gottheit, der man sich hingibt.


3.4 WEISHEIT

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Ausblick auf die Nicht-Dualität

Der Unterschied zwischen den Individuen dieser Welt resultieren aus ihren vergangenen Karmas. Untersucht man die reine Gestalt der Seele mit den Augen der Wahrheit, verschwindet das Gefühl der Verschiedenheit, und alle Individuen erscheinen einem gleich. Der wahre Suchende bevorzugt die Gleichheit gegenüber dem Unterschied und betrachtet alle Geschöpfe als ihm gleich. Wo bleiben bei dem Suchenden, der diese Einstellung des Gleichseins erreicht hat, dann Versuchung, Sorgen, Ärger oder Hass?

Die Einstellung des Gleichseins bewirkt eine dauernde Herrschaft der Gleichheit.

Das Leuchten der inneren Flamme

In uns kann es nur dann eine Verwandlung geben, wenn in uns die Vorstellung des eigenen Wohlergehens und des eigenen Fortschritts wach wird. Keine höhere äußere Kraft kann Wohlergehen erzwingen. Man sieht, wie Motten im Lampenlicht verbrennen. Wohlmeinende möchten die Motten retten und löschen die Flamme, aber die Motten fliegen zu einer anderen Lampe und sterben da. Wenn man Hilfe von außen in Anspruch nehmen will, sollte man zunächst das eigene kritische Urteilsvermögen schärfen. Was nutzen tausend Sonnen am Himmel, wenn die Augen blind sind?

Selbst-Studium

Weißt du, was Selbst-Studium bedeutet? Das bedeutet nicht einfach, dass man Bücher liest. Vielmehr bedeutet es das Studium des Buches des Lebens in uns selbst. Selbst-Studium ist das Sich-Erforschen von innen heraus. Die Hauptaufgabe des Menschen ist, sich selbst zu kennen, das heißt auch, sich selbst zu erkennen. Ein Wissender kennt die Antwort auf die Fragen “Wer bin ich, woher komme ich, was tue ich?“ Alle anderen Studien als die des Selbst sind keine Studien, sondern leeres Idiotengeschwätz. In der Umgangssprache bedeutet Selbst-Studium das Studium desjenigen Buches, oder des Shastra, das für die Seele vorteilhaft ist, und bei dem das innere Shastra behandelt wird. Diese Art von Studium ist aber unbedeutend; das Wichtigste ist das Studium des inneren Selbst.

Der Weg des Fortschritts

Die menschliche Seele ist von der Illusion der Formen und Namen umgeben. Was ist aber diese Welt? Sie besteht aus Formen und Namen. Der Weg des menschlichen Fortschritts kann nicht gefunden werden, bevor das, was das wahre Leben einengt und zurückhält, mit Stumpf und Siel ausgerottet wird.

Glück und Frieden

Wo gibt es wahres Glück und wahren Frieden? Liegen beide in äußerlichen Dingen oder in deren Benutzung? Nein! Sie hängen nicht vom Ansammeln oder der Benutzung äußerer Mittel ab, die dem Vergnügen dienen. Der wahre Hort von Glück und Frieden liegt in der geistigen Zufriedenheit, die von innen kommt.

Innere Weisheit

Die wahre Weisheit entdeckt nicht die Naturgeheimnisse sondern erforscht die Geheimnisse des eigenen Lebens, untersucht sie genau und beurteilt sie. Die äußere Natur ist bei weitem nicht so geheimnisvoll wie das innere Bewusstsein.

Riten und geistige Übungen

Die Durchführung von Riten ist nur ein Mittel und nicht das Ziel. Wenn uns die Riten nicht demütig und klar denkend machen und uns nicht dabei helfen, Brahman zu erreichen, sind sie nur eine nutzlose Last.

Aktiv und träge

Wer kennt die Wahrheit? Es ist der, der sich selbst kennt. Wer sonst könnte sie kennen? In dieser Welt laufen zwei Brüder herum, von denen einer sehen kann und der andere blind ist. Weißt du, wer sie sind? Der Tätige hat Augen, während der Träge blind ist. Daraus folgt, wo die Wahrheit zu suchen ist.

Freund und Feind

Die Leute sagen, dass Rama Ravana getötet hat, aber ist das wahr? Es war Ravana selbst, der sich tötete und kein anderer. Fortschritt oder Zerstörung eines Menschen wird durch seine eigenen guten oder schlechten Handlungen bewirkt. Dieses müssen wir als ewige Wahrheit begreifen. Warum erkennt der Mensch nicht den inneren Feind?

Tiefgehendes Denken

Richte dein Denken so tief schürfend  aus, dass es in die geheimnisvollen Tiefen der Seele und Nicht-Seele eindringen kann. Ein dünner spitzer Eisennagel dringt mit einem leichten Schlag tief ins Holz, während ein dicker Nagel auch mit Hilfe eines schweren Hammers kaum eindringt.


3.5 LOSGELÖSTSEIN

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Losgelöstsein

Wenn du auf einen Berg kletterst, sieht alles unter dir klein aus. Ähnlich erscheinen einem Suchenden, der die Höhen des Losgelöstseins und der Selbstachtung erklommen hat, alle Güter wie Reichtum, Ehre, Ruf, Vergnügen und Freude unbedeutend und gewöhnlich. Die Welt ist so lange wichtig, wie du ihr zugeneigt bist, sie wird unwichtig, wenn du dich hoch über sie erhebst.

Weltlicher Reichtum

Höre! Erhebe dich etwas über deine Wünsche. Du musst dich nur über sie erheben und Abstand von ihnen gewinnen, und das Gewünschte selbst wird nach dir Ausschau halten. Der Reichtum deiner Wünsche gleicht dem Schatten deines Körpers. Du kannst ihn nicht fangen, wenn du hinter ihm her läufst – er läuft mit dir vor dir her.  Drehst du ihm dagegen den Rücken zu, wird er dir ohne weiteres folgen.

Die Suche des Menschen

Viele Blumen haben bisher auf dieser Erde geblüht, haben ihren Duft verströmt und sind verblüht! Wurde die Lebensgeschichte einer einzigen von ihnen aufgeschrieben und gelesen? Hat eine von ihnen behauptet, zukünftige Zeiten würden durch sie inspiriert worden? Warum wünscht dieses nun der Mensch? Er arbeitet etwas und möchte gleich dafür gelobt werden. Er möchte seinen Namen in goldenen Lettern im Buch der Geschichte geschrieben sehen. Er glaubt, die zukünftigen Generationen seien von ihm inspiriert worden. Er übersieht aber, dass andere genau so fähig sind wie er oder ihn sogar oft übertreffen.

Unser Ziel

Wir erheben uns höher, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die Seele richten. Richten wir unsere Aufmerksamkeit auf den Körper und nur auf den Körper, fallen wir nach unten. Entscheide dich nun, ob du fallen oder aufsteigen möchtest.

Das Geheimnis des Lebens

Ich beobachte Blasen, die auf dem Wasser schwimmen, sich bewegen und zur Ruhe kommen. Sie steigen aus dem Wasser auf, schwimmen eine Weile und verschwinden plötzlich wieder im Wasser. Was für ein kurzes Leben sie haben! Ist vielleicht das Geheimnis des menschlichen Lebens in diesem kurzen Spiel der Wasserblasen verborgen?

Freude am Leben

Siehe die Mitte eines Flusses an. Die kleine Sandbank in seiner Mitte beendet seine Existenz, indem er nach und nach vom ihn umströmenden Wasser abgetragen wird.

Sind wir nicht wie diese kleine Sandbank, in jeder Sekunde geschwächt durch den immerwährenden Fluss der Zeit? Ist unsere Existenz sicherer als die der Sandbank im Fluss? Ich glaube nicht.

Wie unbedeutend der Mensch ist!

Der Mensch errichtet riesige Gebäude, preist sich mit großen Inschriften auf Marmortafeln, ist stolz auf die Festigkeit dieser Steine und hält sich für ewig jung und unsterblich.

Aber was nutzt dieser Stolz? Er ist nur ein kleines Staubkorn in diesem weiten Universum, und seine Lebensspanne ist wie ein kleiner kurzlebiger Tropfen im großen Ozean der Zeit. Ist diese unbedeutende Existenz geeignet, sich vor Stolz aufzublähen?

Das Lebensrad

Ich atme Luft von außen ein und atme Luft von innen aus. Dieser Vorgang läuft schon seit Jahren ab und hält nicht einen Moment an. Ich weiß nicht, was da vor sich geht, aber es scheint mir, als ob ein scharfkantiges Rad auf der Kehle des Lebens rollt und in jeder Sekunde etwas abschneidet. Die Leute sagen, dass der Atem das Zeichen des Lebens ist, und ich sage, dass er das Zeichen des Todes ist.

Begierdelosigkeit

Werde nicht zu einer Honigbiene. Wenn du dich auf etwas niederlässt, um dich daran zu erfreuen, wirst du in ihm gefangen und kannst vielleicht nicht mehr entkommen. Werde eine Fliege, die auf einem Stück Zucker sitzt, so dass du dich daran erfreuen aber jederzeit wegfliegen kannst, wenn du willst.

Ein Vogel sitzt auf einem Ast. Der Vogel macht sich keine Sorgen, wenn der Ast bricht. Er wird sofort wegfliegen und zum Himmel aufsteigen. Aber der Affe wird Schwierigkeiten bekommen, weil er mit dem Ast zu Boden fällt. Ähnlich gibt es zweierlei Arten von Menschen auf den Ästen des Weltenbaumes. Der Mensch mit Begierden ist der Affe. Er fällt runter, wenn die Unterstützung seiner Stellung verloren geht, und lamentiert und empfindet Reue. Ein begierdeloser Mensch ist gleich einem Vogel. Er verliert die Unterstützung seiner Stellung, fliegt hoch und bewegt sich ohne Begierden. Er betrachtet die Verluste und Gewinne dieser Welt als Spiel. Folglich ist er nie unglücklich.

Das Glückszentrum

Wo liegt das Glück? Nicht in den verschiedenen schönen Dingen der Welt, sondern in dem Fehlen des Verlangens nach ihnen. Das beim Erfüllen dieses Verlangens auftretende kurzzeitige Vergnügen ist kein wahres Glück sondern ein mit Kummer gemischtes Glück, nur eine Illusion von Glück. Wahres Glück liegt nicht in der Erfüllung von Verlangen sondern im Aufgeben von Verlangen. Bedeutet das Gesunden nach einer Krankheit Gesundheit? Gesundheit bedeutet, die Krankheit nicht an die erste Stelle zu rücken. Ein wirklich glücklicher Mensch ist daher jemand, in dessen Herz Friede herrscht. Ein solcher Mensch hat auch keinen unsteten Geist. Und ein Mensch ohne unsteten Geist wird nicht von Dingen angezogen, die Vergnügen bereiten. Wer von diesen Dingen nicht angezogen wird, hat auch kein Verlangen nach irgend etwas. Wer ohne Verlangen ist, hat in seinem Geist auch keine Anfechtungen, keinen Ärger und keinen Hass. Er ist groß, eine große Seele, in dessen Körper  eine Höchste Seele herrscht. Er ist der wirkliche Segen des Selbst, er ist Wahrheit, Bewusstsein und Segen in einer Person.


3.6 GEFÜHLE

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“Ich”

Ich bin die Seele, voll der unendlichen Helligkeit des Göttlichen Prinzips. Ich bin der Bestimmer meines eigenen Schicksals. Kann ich jemals eine Puppe in der Hand anderer Leute sein? Nie! Nie!! Nie!!!

Die Gedanken und das Leben

Deine Zukunft liegt in deinen jetzigen Gedanken. Worüber du auch immer heute nachdenkst – morgen wirst du es erleben. Wer sich für niedrig, schlecht und für einen Sünder hält, wird niedrig, schlecht und ein Sünder, und wer sich für überlegen, gut und gerecht hält, wird überlegen, gut und gerecht. Das Leben des Menschen ist ein Spiegelbild seiner Gedanken. Ein Philosoph sagte einst zu Recht: „Gedanken sind ein anderes Wort für Schicksal“.

Verstehe dich selbst

Warum hältst du dich für unwichtig, elend und sündig? Im Grunde genommen bist du die reine, intelligente, heilige und höhere Seele. Wische einfach den Schmutz der schlechten Gedanken weg und siehe dann nach, in welcher Hinsicht du unwichtig und niedrig bist.

Es gibt keinen größeren Reichtum als den der Seele, und nichts leuchtet mehr als die Seele.

Eine Person mit festen Ansichten

Ich bin für immer jung, unsterblich und unendlich. Ich bin Ishwar, Khuda, Gott. Ich kenne weder Geburt noch Tod. Ich bin außerhalb der Reichweite des Todes. Mein Licht geht über die Grenzen von Raum und Zeit hinaus. Ich bin das große Licht – grenzenlos und unendlich.

Ich bin ein Heiliger, ein richtiger Heiliger. Ich lache gleichermaßen, wenn ich mit dem Spielzeug Schmerz und mit dem Spielzeug Freude spiele. Mich kann weder Ehre noch Beleidigungen, weder Glück noch Kummer, weder Verlust noch Gewinn, weder Leben noch Tod beugen. Ich kenne das Geheimnis, sowohl im Leben als auch im Tod das Schöne zu sehen. Ich bin der Mensch mit einem ausgeglichenen Geist und bleibe in jeder Lage in diesem Zustand.

Reinheit des Geistes

Der Geist des Menschen ist ein Feld, in das die Saatkörner guter und schlechter Gedanken gesät werden. Die Früchte fallen entsprechend dem Saatgut aus. Es wird nicht passieren, dass du Babhul säst und Mangos erntest. Wenn du gute Früchte ernten möchtest, musst du die Saat der Güte aussäen. Bhagwan Mahavir sagt: „Du erhältst gute Früchte aus guter Saat und schlechte Früchte aus schlechter Saat.“

Du fragst jemanden, der Wasser schöpft, was für Wasser im Eimer ist, und erhältst als Antwort, dass es dasselbe Wasser wie im Brunnen ist. Es passiert nicht, dass im Eimer anderes Wasser ist als im Brunnen. Der Geist ist der Brunnen, die Gedanken das Wasser darin. Die Gedanken werden zu Worten und zu Handlungen. Damit die Rede rein ist, muss der Geist rein sein. Die Gedanken sind die Quelle der Handlung, und der Geist ist der Geburtsort der Gedanken. Wenn du den Duft guten Benehmens in die Welt um dich herum ausströmen willst, musst du den Geist in dir mit dem Duft guter Gedanken füllen.

Gedankenwellen

Es wird ein großer Tag werden, wenn wir uns dem Zugriff von Glück und Kummer entwinden, uns über die Ebene von Leben und Tod erheben und die unendliche Schönheit der ewig starken Seele  erreichen.

Gefühle

Des Menschen Herz ist das Schlachtfeld für den Kampf zwischen Gut und Böse. Wir warten auf den großen Tag, an dem der Mensch Gut und Böse besiegt und ein Mensch im wahren Sinne des Wortes wird.


3.7 SELBSTREINIGUNG

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Die Seele ist Gott

Die Seele verharrt jenseits der Vergnügungen und Schmerzen der Welt. Sie kommt nicht in den Bereich von Sünde und Verdienst und wird nicht durch die Zeit begrenzt. Ihre Schönheit ist für immer jung, unsterblich, andauernd du unvergänglich. Keine Versuchung der Welt kann sie erreichen.

Externe, interne und Höchste Seele

Die Gefühle des Ego und Zuneigung zu sichtbaren Gegenständen sind die äußere Erscheinung der Seele. Die Selbstreinigung ist die innere Erscheinung der Seele. Vollständiges Losgelöstsein und die vollständige Weisheit des Selbst sind die Erscheinung der Höchsten Seele. Die äußere Seele ist nach außen gerichtet, die innere Seele ist nach innen gerichtet aber nicht vollkommen, die Höchste Seele ist dauernd nach innen gerichtet, vollständig rein und gelassen.

Werde selbst die Höchste Seele

Ein Philosoph sagt: “Wir möchten den Zucker schmecken aber keine Leckerei daraus machen.“ Er meinte damit, dass wir uns an der Vision der Höchsten Seele erfreuen aber nicht die Höchste Seele werden möchten. Ich bin da ganz anderer Meinung und sage: „Ich möchte den Zucker schmecken und selbst zu Zucker werden.“ Zucker bedeutet unendliche Süße von unendlichen Eigenschaften der Seele. Ich selbst bin der Genießer meiner Süße. Wie lange soll ich mit wehmütigen Augen die Süße anderer betrachten? Ist es nicht angenehmer, ein König zu werden als einen König zu betrachten?

Gott, oder die Höchste Seele, ist in uns, nicht irgendwo außerhalb. Wenn das so ist – wen willst du anbeten, über was willst du meditieren? Die Antwort ist nicht unbekannt, ist nicht von heute, sondern Millionen Jahre alt: „Uns selbst.“ Das ist der Grund, weshalb das innere Zurückblicken (Pratikraman) des Shraman-Kultes nicht auf Gebete zu Gott gerichtet ist sondern in Richtung Selbstbeobachtung und Selbstbesinnung.

Aufstieg ist die Natur der Seele

‘Für einen Menschen ist es natürlich und einfach, zu fallen, während es schwierig ist aufzustehen. Bergab zu gehen ist einfach, bergauf schwierig. Man kann hieraus schließen, dass der Fall der Natur entspricht, das Steigen nicht.’ Die Prediger, Philosophen und Denker, die so sprechen, wandern durch die Dunkelheit der Unwissenheit. Sie können die menschliche Rasse nicht mitreißen. Wenn das Fallen des Menschen natürlich ist und der Aufstieg unnatürlich – warum gibt es dann religiöse Predigten, Aufrufe zum guten Benehmen und den Lärm um die geistigen Übungen? Kann jemand gegen seine Natur handeln? Kann er aus ihr ausbrechen? Niemals!

Die philosophische Sprache von Bhagwan Mahavir sagt etwas ganz Anderes. Er sagt, dass der Aufstieg eine Umwandlung des Selbst bedeutet und natürlich ist, während das Fallen keinen natürlichen Grund hat, sondern von außen verursacht wird. Aufzusteigen ist einfach, zu fallen ist schwierig. Es entspricht unserer Natur, von unserem Hang zu Ärger, Stolz, Betroffenheit und Gier wegzukommen in Richtung Versöhnlichkeit, Demut, Geradlinigkeit und Großzügigkeit, die eigentlich unsere natürlichen Eigenschaften sind. Hierzu braucht es keiner Hilfe von außen. Ja, es ist nicht natürlich, sich in den Schmutz von Ärger, Stolz usw. zu begeben, und ist deshalb auch schwierig. Es erfordert Hilfe durch Kräfte nach oben und nach unten. Ein Kürbis treibt auf der Wasseroberfläche – das ist seine Natur, und dazu braucht er keine äußere Hilfe. Hilft jemand dem Kürbis beim Schwimmen? Nein. Er schwimmt, weil es seine innewohnende Eigenschaft ist. Um ihn zum Sinken zu bringen, bedarf es aber äußerer Mittel. Binde einen Stein an ihn und er wird sinken. Der Kürbis ist dann nicht von alleine untergegangen, sondern der Stein hat ihn dazu gezwungen.

Ähnliche gilt für die Seele. Seine grundlegende Eigenschaft ist, auf dem Meer der Welt zu schwimmen. Und im Meer der Welt untergehen? Das ist die unnatürliche Auswirkung von Begierden und Handlungen. Entfernt die Begierden, Ihr Seelen des Universums, Ihr seid dazu bestimmt, zu schwimmen und nicht dazu, unterzugehen!

Seelenreinigung

Die Seele ist wirklich rein, unverdorben und groß, aber weil sie seit undenkbaren Zeiten in den Strom der Begierden gefallen ist, haftet an ihr das Gewicht einiger Unzulänglichkeiten und Fehler. Wie in den Schmutz gefallenes Gold hat sie ihre wahre Gestalt vergessen. Er ist daher nicht verwunderlich, dass sie wegen dieser schlechten Eindrücke Fehler macht, wenn sie versucht, sich zu erheben und sich auf den Pfad der Gewaltlosigkeit und Wahrheit zu begeben. Der Suchende sollte also nicht die Hoffnung aufgeben und unter diesen Umständen enttäuscht sein. Er sollte im Glauben an seine natürliche Reinheit geradeaus gehen und seine Fehler beseitigen.

Oh ja! Das Beseitigen der Fehler bedeutet  nicht Heulen und Jammern. Das Beseitigen der Fehler bedeutet, nach der Fehlerquelle zu suchen und sich vor ihr zu schützen. Im Jaina-Kult besteht der Zweck der Pratikraman-Übungen (In-sich-Sehen) darin, vorhandene Fehler zu beseitigen und Sorge zu tragen, dass sich ähnliche nicht wieder ereignen. Diese Methode der Korrektur macht die Seele allmählich frei von Fehlern, beseitigt die schlechten Eindrücke aus vergangenen Zeiten und öffnet die Tür für den unsterblichen Segen, indem sie den Suchenden in der Gestalt des Selbst festigt.

Innere Reinigung

Wenn das Deepavali-Fest bevorsteht, wird Hausputz gemacht, um die Göttin Laxmi willkommen zu heißen. Der ganze Abfall wird aus dem Haus getragen, und überall sieht man die Leute beim Anstreichen. Jetzt frage ich: „Gut. Die Häuser sind nun sauber, aber wie ist die Lage in deinem inneren Tempel? Wie viel Schmutz und Gestank, welche Haufen von Begierden sind da drin? Wie kann die Göttin Laxmi da eintreten, solange dein Geist schmutzig ist? Sie wird angewidert vom Gestank zurückweichen. Und wenn sie aus Zufall doch eintritt, wird sie nicht schmutzig und elend sondern wird sich in einen spukenden Geist verwandeln. Und du weißt, welche Art von Unglück solch ein Geist in einem Haus bringt.

Sieg der Seele

Der Weg des Sieges über die Seele liegt weit entfernt von den Konflikten des Körpers, der Organe, des Geistes, von Freude und Leid, Ehre und Beleidigung, Gewinn und Verlust.

Die Seele

Es gibt eine treibende Kraft, Seele, Lebenskraft oder Brahman genannt, die den Geist, die Sprache und alle Handlungen des Körpers antreibt. Sie ist der Mittelpunkt von Weisheit und Segen. Wie kann es Kummer geben, wenn die Seele gesund und ohne Makel ist? Selbst rasende Flammen fühlen sich wie das Kitzeln einer Blume an.

Das Aufbrechen der Schale

Erfahrung ist etwas, das man nicht von außen sammeln sollte. Man macht sie in sich und nur in sich. Zerbreche die äußere Schale der Begierden von Körper und Geist, und das Licht der Erfahrung des Selbst wird von selbst zum Leuchten kommen.

Das höchste Ideal

Was ist das höchste Ideal für einen Menschen? Es ist, sich zu reinigen, sich sorgfältig zu säubern, um perfekt und hervorragend zu werden und um die Menschlichkeit zu Göttlichkeit zu verwandeln. Die Ideale für den Flug des Adlers sind die hohen schneeigen Gipfel der Gebirge, und die Ideale für Mücken und Fliegen sind die Abfallhaufen. Während der Mensch äußerlich eine fliegende Mücke ist, gleicht er innerlich dem Adler. Menschliche Größe zeigt sich darin, die äußerlichen Flüge zu canceln und die innerlichen Flüge aufzunehmen.

Seele und Körper

Die Seele ist ewig und der Körper ist vorübergehend. Die Seele ist für immer jung, unsterblich und grenzenlos. Der Körper ist kurzlebig und vergänglich. Die Seele ist rein, der Körper unrein. Die Seele steht über Krankheit, Kummer, Schmerz und Streit, während der Körper hiervon umgeben ist.

Das Erleben des Selbst und der Zeitrahmen

Wie lange braucht man, um das Selbst zu erfahren? Diese Frage ist eigentlich überflüssig. In der Tat ist unendlich viel Zeit verflossen, ohne dass man bisher Licht sah. Und wenn man Licht sieht, dann nur einen Blitz. Wenn ein tausendjähriger Schlaf beendet wird, geschieht dieses in einem Moment. Braucht ein Mensch Jahre, um aufzuwachen?

Geistige Übungen heute

Ein Mann wollte Nektar aus dem Ozean schöpfen, nahm aber einen Topf mit einem Loch mit. Solange der Topf im Ozean war, schien er voll zu sein, sobald man ihn aber herausnahm, war er leer. Ähnlich ist es mit dem Gefäß der geistigen Übungen der Suchenden. Solange die Löcher des Zweifels nicht gestopft sind, kann es nicht mit dem geistigen Nektar gefüllt werden.


3.8 INNERE VISION

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Du bist allmächtig

Auch in dir sind die Kräfte aller großen Menschen dieser Welt wie Mahavir, Buddha, Rama, Krishna, Jesus, Mohammed. Überlege mit konzentriertem Geist, was du werden möchtest. Dann wirst du, was du werden möchtest.

Ziehe den Vorhang weg

Gier, Versuchung und Selbstsucht sind nur ein Vorhang vor der heiligen Kraft der menschlichen Weisheit, der ihn blind macht, von seinem Weg abbringt und ihn hindert, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Ziehe den Vorhang der Selbstsucht vor dem Verstand weg, und das helle Licht der Wahrheit wird leuchten. Welche Entscheidungen auch immer im Lichte der Wahrheit getroffen werden, es geschieht mit dem Ziel des Vorteils für alle. Es wird daher allen nutzen.

Der innere Funke

Oh Mensch! In dir brennt die Flamme der Weisheit. Du musst nur die Kohle der Unwissenheit darüber wegschieben. Der Funke ist angezündet. Blase ihn mit deinen geistigen Übungen stark an, er wird hell aufbrennen und die Abgase werden sich verziehen.

Gehe in dich

Oh, Seele! Was hast du mit den Streitigkeiten dieser Welt zu schaffen? Sieh’ in dich, nicht nach außen. Beobachte die anderen nicht, beobachte dich. Wer nach außen sieht, wird zum Bettler, wer nach innen sieht, wird ein Herrscher.

Strom des Glücks

Nur in unserer Seele, in uns, gibt es einen andauernden Strom des Glücks. Er ist weder im Körper, noch in den Organen, noch im Reichtum, noch bei anderen Leuten zu finden. Mehr noch, er ist nirgendwo anders zu finden!

Kenne dich selbst

Oh Mensch! Erwache, erhebe dich und stehe auf. Wenn du die göttliche Kraft in dir erkennst, kannst du mit einer kleinen Handbewegung die Hölle in den Himmel verwandeln. Man kann deine Kräfte nicht quantitativ messen. Für sie gibt es nur ein Wort: unermesslich, unermesslich, unermesslich.

Du bist die Seele, und trotzdem bist du ängstlich und bettelst. Du besitzt das Licht, das man weder in der Sonne noch im Mond findet. Du hast die Kraft, die es sonst nirgends im Universum gibt.

Wer bist du?

Du bist weder eine Frau noch ein Mann, weder ein Brahmane noch ein Shudra, weder ein Herr noch ein Sklave! Du bist eine Seele, rein, intelligent, immer jung, unsterblich, gestaltlos! Glaubst du, dass zu dir materialistische und unreine Gedanken passen? Wenn dem so ist, gibt es keinen Dümmeren und Verrückteren als dich.

Die Besinnung auf sich selbst

Wenn du ein menschliches Wesen bist, denke über die Fragen nach „Wer bin ich? Woher komme ich? Was habe ich früher gemacht? Was mache ich jetzt und warum tue ich es? Wo muss ich hin gehen und wann muss ich gehen? Was habe ich bisher gewonnen und was verloren? Wie weit bin ich vorwärts gekommen? Wie weit bin ich zurückgefallen? Wie viel Gemeinheit ist in mir? Wie viel Menschlichkeit und wie viel Göttlichkeit?

Gefühle

Du bist die Seele, die Augen nicht sehen können, die Ohren nicht hören können, die keine Zunge schmecken und kein Tastsinn fühlen kann. Mehr noch, der Geist, der beansprucht, genau zu beobachten, erkennt dich nicht. Nur du kannst deine Gestalt beobachten. Sage mir, wann du etwas in diese Richtung unternehmen willst.

Erkenne dich selbst

Erfahre grenzenlose Weisheit, unendliche Energie und Kraft in dir. Du bist nicht dafür geschaffen, dich wie ein Wurm im Modder des lustvollen Vergnügens zu winden. Du bist ein Adler, ein Adler mit grenzenloser Kraft. Du fliegst, fliegst mit deinen grenzenlosen Fähigkeiten in grenzenlose Höhen.

Die Seele ist sehr mächtig

Ein Ziegenhirt nahm ein Löwenjunges auf und setzte es zwischen die Schafe und Ziegen. Es fing an, sich für eine Ziege zu halten. Aber eines Tages sah der kleine Löwe einen brüllenden Löwen, vor dem die Ziegen davon rannten, und erkannte sofort, wer er war. Er brüllte auch, und die Ziegen liefen weg und hielten sich weit weg. Oh Seele! Du bist auch ein Löwe; warum hast du in diesem materialistischen Gesindel vergessen, wer du bist? Ein Brüllen von dir genügt, um unreine Gedanken davonzujagen.

Siehe auf den, der sieht

Es ist nicht das Auge, das sieht. Das Auge ist nur ein Fenster, durch das jemand anderes sieht. Dieser sieht, wenn die Augen offen sind, aber auch wenn die Augen geschlossen sind, wenn du schläfst und wenn du wach bist. Siehe auf den, der wirklich sieht, den, der jenseits des Blickfeldes der Augen sieht.

Wissender - Sehender

Die Wahrheit über das Wissen, das man mittels de Geist und der Organe erworben hat, ist, dass dieses Wissen eine Ausgestaltung der Seele ist. Was man als Wissen des Geistes und Wissen der Organe bezeichnet, ist in Wirklichkeit die Weisheit der Seele, die im Geist und den Organen wirkt. Solange die Flamme der Seele im Körper und in den Organen brennt, solange das Bewusstsein da ist, werden ihre Handlungen über das Medium Geist und Organe wiedergegeben. In Wirklichkeit sind das nicht deren Handlungen, sondern die der Seele. Daher ist die Seele der Wissende und der Sehende.


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Wer die Seele ist, ist auch der Wissende,

Wer der Wissende ist, ist auch die Seele.

                                                     -------- Bhagwan Mahavir

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Die innere Flamme des Selbst in Gestalt der Weisheit ist das Brahman.

                                                      --------  Vedanta

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Das Unterscheiden zwischen „Ich“ und „die Anderen“ ist Philosophie.

Die Wissenschaft des Unterschieds zwischen "lebend" und "nicht-lebend" ist Philosophie.

                                                      --------  Upadhyaya Amarmuni

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Last update: 2004-DEC-06